Urteil vom 17. Mai 2018
Urteil vom 17. Mai 2018 – I ZR 252/16
Der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 17. Mai 2018 entschieden, dass die Verwendung des Begriffs „bekömmlich“ zur Bewerbung von Bier nicht zulässig ist.
Die Beklagte ist eine Brauerei aus dem Allgäu. Sie verwendet seit den 30er Jahren für ihre Biere einen einprägsamen Werbeslogan: „Wohl bekomms!“. In ihrem Internetauftritt warb sie für bestimmte Biersorten mit dem Begriff „bekömmlich“. Die Biersorten hatten einen Alkoholgehalt von 5,1%, 2,9% und 4,4% .
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband. Er hält die Werbeaussage „bekömmlich“ für eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, die nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bei alkoholischen Getränken mit mehr als 1,2 Volumenprozent unzulässig sei. Er hat die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zurückgewiesen. Damit hat die Brauerei in drei Instanzen verloren. Ihre seit ca. 90 Jahren verwendete Werbung verstößt gegen Europarecht.
Der Bundesgerichtshof bestätigte, dass nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bei alkoholischen Getränken mit mehr als 1,2 Volumenprozent gesundheitsbezogene Angaben nicht nur in der Etikettierung der Produkte, sondern auch in der Werbung für diese Getränke verboten sind. Eine „gesundheitsbezogene Angabe“ liegt dann vor, wenn mit der Angabe eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs eines Lebensmittels versprochen wird. Dies ist augenscheinlich zunächst nicht der Fall. Eine Angabe ist aber auch dann gesundheitsbezogen, wenn mit ihr nur zum Ausdruck gebracht wird, der Verzehr des Lebensmittels habe auf die Gesundheit keine schädlichen Auswirkungen, die in anderen Fällen mit dem Verzehr eines solchen Lebensmittels verbunden sein können. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird der Begriff „bekömmlich“ durch die angesprochenen Verkehrskreise als „gesund“, „zuträglich“ und „leicht verdaulich“ verstanden. Er bringt bei einer Verwendung für Lebensmittel zum Ausdruck, dass dieses im Verdauungssystem gut aufgenommen und – auch bei dauerhaftem Konsum – gut vertragen wird. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird dieser Begriff auch im Zusammenhang der beanstandeten Werbung so verstanden. Der Werbung lässt sich nicht entnehmen, dass mit dem Begriff „bekömmlich“ nur der Geschmack des Bieres beschrieben werden soll.
Die Brauerei muss daher nunmehr auf den Slogan „Wohl bekomms!“ verzichten. Bier ist nicht bekömmlich.
Die Vorinstanzen waren:
LG Ravensburg, Urteil vom 16. Februar 2016, gerichtliches Aktenzeichen: 8 O 51/15
OLG Stuttgart, Urteil vom 3. November 2016, gerichtliches Aktenzeichen: 2 U 37/16
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006
Der Ausdruck „gesundheitsbezogene Angabe“ bezeichnet jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.
Art. 4 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006
Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent dürfen keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen.
Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes können Sie unter diesem Link nachlesen. Das Urteil war zum Zeitpunkt der redaktionellen Veröffentlichungen leider noch nicht verfügbar. Es sollte demnächst unter diesem Link erreichbar sein.
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