Die meisten Übertragungsvorgänge in Bezug auf inländischen Grundbesitz lösen Grunderwerbsteuer aus. Sie bildet – neben den Maklergebühren – den mit Abstand spürbarsten Bestandteil der sogenannten Erwerbsnebenkosten. Die Steuer erhöht – wie die Notar- und Grundbuchkosten für den Kaufvertrag selbst – die Bemessungsgrundlage für einkommensteuerliche Abschreibungen; bei eigengenutzten Immobilien bleibt sie einkommensteuerlich naturgemäß unberücksichtigt.
Das folgende Merkblatt soll Sie im Überblick über die Besteuerungstatbestände (I), Ausnahmen von der Besteuerung (II), die Bemessungsgrundlage (III), den Steuersatz (IV), die behördliche Abwicklung (V) sowie Fälligkeit und Entrichtung der Steuer (VI) unterrichten.
Grundtatbestand ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) jedes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks (im ganzen oder hinsichtlich einer Teilfläche, bebaut oder unbebaut) oder einer Eigentumswohnung bzw. eines Erbbaurechts (siehe hierzu das Merkblatt zu »Erbbaurechten«) begründet.
Die Vereinbarung bloßer Vorkaufsrechte oder bedingter Rückkaufsrechte löst ebensowenig Grunderwerbsteuer aus wie die bloße Abgabe eines Angebots, solange es noch nicht angenommen wurde.
Auch der »Zuschlag« an den Meistbietenden bei einem gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahren löst Grunderwerbsteuer aus, § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG.
Auch der Vertrag über die erstmalige Begründung (Entstehung) eines Erbbaurechts unterliegt der Grunderwerbsteuer, da Erbbaurechte wie Grundstücke behandelt werden.
Weitere, eigenständige Besteuerungstatbestände sind Vorgänge, bei denen eine »Verwertungsbefugnis« in bezug auf inländischen Grundbesitz übertragen wird (geregelt insbesondere in § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 GrEStG). Hauptanwendungsfälle sind die Ausübung eines Benennungsrechts aus einem Angebot, wenn der Benennende damit ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt, beispielsweise eine »Prämie« für die Ausübung des Benennungsrechts erhält und damit einen Zwischenhändlergewinn realisiert, ebenso der »atypische Maklervertrag«, bei dem der Makler ein fremdes Grundstück aufgrund notarieller Vollmacht (oder eines Angebots) in fremdem Namen, aber nur teilweise auf fremde Rechnung veräußert und den über den Garantiebetrag hinausgehenden Erlös behalten darf.
Eine weitere, im Einzelnen sehr komplexe Fallgruppe bilden Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften (etwa OHG, KG, GbR) bzw. Kapitalgesellschaften (etwa GmbH, AG), die über inländischen Grundbesitz verfügen. § 1 Abs. 2a GrEStG erfasst den Übergang von mindestens 95 % der Anteile am Vermögen einer immobilienbesitzenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter, wobei alle Erwerbe während eines Fünf-Jahres-Zeitraums zusammengerechnet werden. Auch mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestands, etwa ein Wechsel des Treugebers oder Änderungen bei einer Gesellschaft, die ihrerseits wiederum einen Anteil an einer grundbesitzhaltenden Personengesellschaft hält, sind erfasst, nicht jedoch Gesellschafterwechsel durch Tod. Als Auffangtatbestand führt ferner § 1 Abs. 3 GrEStG bei Kapitalgesellschaften und bei Personengesellschaften zu einer Besteuerung, wenn mindestens 95 % aller Anteile sich in einer Hand vereinigen (abgestellt wird also nicht auf den Übergang auf neue Gesellschafter, sondern auf die fast vollständige Anteilsvereinigung, wobei auch hier die mittelbare Anteilsvereinigung und die Vereinigung in der Hand mehrerer Unternehmen, die steuerlich als sogenannter »Organkreis« zusammengerechnet werden, genügen).
Besonders praxisrelevant ist die Steuerfreistellung von Grundstücksübertragungen zwischen Verwandten in gerader Linie (Eltern an Kinder oder umgekehrt, unter Einschluss von Stiefkindern, ebenso den Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern der Kinder/Stiefkinder), ebenso Grundstücksübertragungen unter Eheleuten und (seit 14.12.2010) auch unter eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern sowie der Erwerb eines Grundstücks vom geschiedenen Ehegatten/Lebenspartner im Zug der Auseinandersetzung des Vermögens nach einer Scheidung.
Gleiches gilt für Rechtsgeschäfte aus Anlass der Teilung eines Nachlasses (also beispielsweise die erstmalige Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft, auch bei Rechtsgeschäften des verstorbenen Ehegatten mit den Erben seines Ehepartners etwa im Rahmen der Abfindung einer Zugewinnausgleichsforderung durch ein Grundstück). Gem. § 3 Nr. 3 Satz 3 GrEStG zählt zum Kreis der insoweit begünstigten »Miterben« auch der Ehegatte/Lebenspartner eines Miterben.
Gem. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG geht die Schenkungsteuer der Grunderwerbsteuer vor. Demzufolge gilt: All diejenigen Vereinbarungen im Rahmen einer an sich unentgeltlichen Grundstücksübertragung, die bei der Bemessung der Schenkungsteuer abgezogen werden können (z.B. der Vorbehalt eines Nießbrauchs, die Vereinbarung einer Rentenzahlung o. ä.), unterliegen wiederum der Grunderwerbsteuer, falls nicht die personenbezogenen Ausschließungsgründe, oben 1 entgegenstehen.
§ 3 Nr. 1 GrEStG stellt schließlich den Erwerb eines Grundstücks steuerfrei, wenn der für die Berechnung der Steuer maßgebende Wert 2.500 € nicht übersteigt. Entgegen früherer Praxis ist es nicht mehr möglich, bei Veräußerung oder Erwerb mehrerer Personen den Vorgang künstlich in einzelne Tatbestände aufzuspalten, um in den Genuss dieser Freistellung zu kommen (Verkauf eines Grundstücks durch A und B an C und D für gesamt 9.000 € lässt sich also nicht in vier Vorgänge zu je 2.250 € zerlegen).
Auch die Veräußerung eines Grundstücks durch einen Alleineigentümer an eine Personengesellschaft (sogenannte »Gesamthand«), an der er beteiligt ist (z.B. eine OHG, KG, GbR, bei der er Gesellschafter ist), verwirklicht dem Grunde nach einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang, ebenso wie umgekehrt die Veräußerung eines Grundstücks durch eine solche Gesamthand an eines ihrer Mitglieder. Allerdings wird gem. §§ 5 Abs. 2, 6 Abs. 2 GrEStG der Vorgang hinsichtlich der Quote freigestellt, hinsichtlich welcher der Veräußerer bzw. der Erwerber auch an der Gesamthand beteiligt ist (bei beispielsweise drei Gesellschaftern mit gleichen Anteilen und Übergang von bzw. an einen der ihren zu Alleineigentum demnach zu einem Drittel).
Um Umgehungen zu vermeiden, wird jedoch im Fall der Übertragung an einen Alleineigentümer die Freistellung rückwirkend versagt, wenn der Anteil des nunmehrigen Alleineigentümers an der veräußernden Gesamthand sich binnen fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks vermindert (in Höhe dieser nachträglichen Anteilsreduzierung findet eine Nachbesteuerung statt). Umgekehrt wird beim Übergang von einem Alleineigentümer an eine Gesamthand die Besteuerung durchgeführt in Höhe des Anteils, um den der Einbringende seinen Anteil an der erwerbenden Gesamthand in den letzten fünf Jahren vor der Einbringung erhöht hat; die Freistellung wird also nur gewährt für den Anteil, den er schon fünf Jahre vor der Einbringung an der erwerbenden Gesamthand hatte, um Umgehungen durch kurzfristige Anteilsverschiebungen zu vermeiden.
Ein rückwirkendes Stornieren der Steuer (und damit eine Erstattung bereits gezahlter Steuer, jedoch ohne Zinsen) tritt gem. § 16 GrEStG ein, wenn binnen zwei Jahren nach Vornahme des Rechtsgeschäfts dieses einvernehmlich aufgehoben und tatsächlich vollständig rückabgewickelt wird, ferner dann, wenn – auch nach Ablauf von zwei Jahren – aufgrund der Nichterfüllung von Vertragsbedingungen berechtigterweise der Rücktritt erklärt wird (oder das Erstgeschäft wirksam angefochten wurde) und jeweils tatsächlich auch die vollständige Rückabwicklung nachfolgt.
Eine einvernehmliche Aufhebung (ohne Vorliegen einer Vertragsverletzung) nach Ablauf von zwei Jahren führt allerdings schlicht zum Entstehen der Grunderwerbsteuer auch für den zweiten Vorgang in umgekehrter Richtung.
Gem. § 8 Abs. 1 GrEStG ist Bemessungsgrundlage der Wert der Gegenleistungen, soweit sie auf Grundstück und Gebäude entfallen. Entgegen der irreführenden Bezeichnung »Grund«erwerbsteuer sind also auch die fest mit dem Grundstück verbundenen Bestandteile, der Bewuchs, vor allem aber die Gebäude, miterfasst.
Nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen sind jedoch Kaufpreisbestandteile, die auf mitverkaufte bewegliche Gegenstände (Inventar, Mobiliar) entfallen, auf mitübertragene Rechte (Ansprüche aus einer Baugenehmigung, mitverkaufte Planungen, landwirtschaftliche Betriebsprämienrechte, Milchreferenzmengen) sowie auf Kapitalvermögen, das mitübertragen wird (Guthaben auf einem Hauskonto, anteiliges Guthaben in der Instandhaltungsrücklage des Verbands der Wohnungseigentümer beim Verkauf einer Eigentumswohnung). Auch sonstige bauliche Komponenten, die nicht festen Bestandteil des Gebäudes bilden, etwa Solar- und Photovoltaikanlagen, können bei getrennter Ausweisung die Grunderwerbsteuer reduzieren.
Erscheint dem Finanzamt der im Kaufvertrag angegebene Wertansatz, insbesondere für mitübertragene bewegliche Gegenstände, Kücheneinrichtung etc., überhöht, wird es Plausibilitätsnachweise (Rechnungen, Fotos etc.) verlangen.
Entrichtet der Käufer, weil er insoweit optiert hat, zusätzlich Umsatzsteuer (seit 01.04.2004 unmittelbar an das Finanzamt, nicht mehr an den Verkäufer), zählt diese nicht zur grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung.
Zur Gegenleistung zählen der Kaufpreis, gleich ob durch Einmalzahlung oder in wiederkehrenden Leistungen (dann allerdings in abgezinster Höhe) zu entrichten, Schuldübernahmen und die Erstattung sonstiger Aufwendungen des Verkäufers, etwa von naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen, die eine veräußernde Kommune – auch an anderer Stelle – erbringt. Verkauft eine Gemeinde einen Bauplatz gegen Zahlung des Grund-und-Boden-Preises zuzüglich des Erschließungsaufwands, ist darauf abzustellen, ob letzterer Erschließungsaufwand zivilrechtlich – als Kaufpreis – geltend gemacht wird oder ob er öffentlich-rechtlich – als Abgabe – verlangt wird, was allerdings nur möglich ist, wenn nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften die Gemeinde nicht selbst bereits Beitragsschuldner ist.
Bei den gesellschaftsrechtlichen Ersatztatbeständen ohne unmittelbare Gegenleistung, etwa der Anteilsvereinigung in einer Hand, galt als »Hilfswert« bis Ende 2008 der – etwas reduzierte – Wertansatz, der damals auch bei der Schenkungsteuer in Bezug auf Immobilien zugrunde gelegt wurde; seit 2009 gelten auch insoweit die aktuellen Wertermittlungsvorschriften i.S.d. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG.
Bei Verträgen über Grundstücke, die im inneren, sachlichen Zusammenhang anschließend bebaut werden, unterwirft die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung nach den sogenannten Grundsätzen des einheitlichen Vertragswerks auch die werkvertragliche Vergütung der Grunderwerbsteuer. Dadurch entsteht faktisch eine Doppelbelastung mit Grunderwerb- und Umsatzsteuer in bezug auf die Bauleistungen. Der verlangte enge objektive Zusammenhang zwischen Kauf- und Werkvertrag wird unabhängig von der Reihenfolge der Vertragsabschlüsse und unabhängig davon, ob dieselben Personen beteiligt sind, regelmäßig angenommen, wenn ein mit dem Veräußerer personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich verbundener Bauunternehmer auftritt, ferner wenn faktisch ein Zwang zum Abschluss eines Bauvertrags ausgeübt wird, etwa aufgrund eines überhöhten Grundstückskaufpreises oder durch rasche zeitliche Abfolge, beispielsweise den Abschluss des Gebäudeerrichtungsvertrags bereits vor dem Grundstückkaufvertrag.
Der Steuersatz beträgt grundsätzlich 3,5 % der in III. bezeichneten Bemessungsgrundlage. Allerdings können seit der Föderalismusreform die Länder abweichende Steuersätze bestimmen.
Bisher haben von dieser Änderungsbefugnis alle Länder bis auf Bayern und Sachsen Gebrauch gemacht:
Der Notar ist (in Durchbrechung seiner sonst gegebenen Pflicht zur Verschwiegenheit) verpflichtet, dem örtlich zuständigen Grunderwerbsteuerfinanzamt den Veräußerungsvorgang (bzw. entsprechende gesellschaftsrechtliche Übertragungsvorgänge) anzuzeigen, und zwar durch Übersendung einer einfachen Abschrift der Urkunde und Ausfüllen eines hierfür geschaffenen Formulars (»Veräußerungsanzeige«). Hierbei sind Vor- und Zuname und Anschrift des Veräußerers und des Erwerbers mitzuteilen, ferner – seit 14.12.2010 – deren steuerliche Identifikationsnummer gem. § 139b AO bzw. bei Unternehmen (Freiberuflern, Gewerbetreibenden, Personengesellschaften und juristischen Personen), sobald sie erteilt werden wird, die wirtschaftliche Identifikationsnummer gem. § 139c AO.
Es handelt sich dabei um eine aus elf Ziffern bestehende Nummer, die jeder in Deutschland Gemeldete, potentiell Steuerpflichtige ab der Geburt zugeordnet erhält, und die nur einmal vergeben wird. Seit Ende 2008 sind diese steuerlichen Identifikationsnummern durch das Zentralamt für Steuern zugewiesen worden. Die Nummer ist nicht zu verwechseln mit der Einkommensteuernummer, die vom lokalen Finanzamt zugeteilt wird, ebenso wenig mit der Umsatzsteuer-Identnummer, die für Unternehmer im grenzüberschreitenden Verkehr für umsatzsteuerliche Zwecke vergeben wird.
Sie erleichtern diese Mitteilung, wenn Sie die steuerliche Identnummer zur Beurkundung bereithalten oder sie uns bereits vorab melden.
Die zusätzliche Angabe dieser Nummer soll es dem Finanzamt erleichtern, den Veranlagungsstellen (Einkommensteuer- bzw. Umsatzsteuerstellen) über den Grundstücksvorgang zu berichten. Dadurch kann das Veranlagungsfinanzamt z.B. prüfen, ob die Anschaffung der Immobilie angesichts der bisher bekannten Tatbestände plausibel und finanzierbar erscheint.
Grunderwerbsteuer fällt solange noch nicht an, als für die Wirksamkeit des Vertrags erforderliche Genehmigungen (etwa behördliche oder gerichtliche Genehmigungen oder privatrechtliche Zustimmungen nicht erschienener Beteiligter) noch ausstehen oder eine im Vertrag vereinbarte aufschiebende Bedingung noch nicht eingetreten ist (anders verhält es sich jedoch, wenn der Vertrag wirksam abgeschlossen und zustande gekommen ist und lediglich Rücktrittsrechte vorbehalten sind: Grunderwerbsteuer fällt sofort an, wird aber bei wirksamer Ausübung des Rücktrittsrechts – zinslos – zurückerstattet, siehe unten Nr. II. 5.
Die Zahlungsfrist beträgt einen Monat nach Zugang des Steuerbescheids.
Entrichtet der Käufer die Grunderwerbsteuer nicht, kann das Finanzamt aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschrift auch den Verkäufer hierfür als Zweitschuldner in Anspruch nehmen. Dies lässt sich nicht durch Vertragsklauseln verhindern. Allerdings kann – wie dies an meiner Amtsstelle regelmäßig geschieht – vereinbart werden, dass die Nichtentrichtung der Grunderwerbsteuer durch den Käufer einen Tatbestand darstellt, der den Verkäufer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, so dass – wie oben II. 5 erläutert – aufgrund dieser Rückabwicklung die Grunderwerbsteuer wiederum storniert wird und damit das Risiko der Inanspruchnahme aus der Zweitschuldnerhaftung für den Veräußerer entfällt.
Für weitere Fragen zur Grunderwerbsteuer stehen meine Mitarbeiter und ich Ihnen gern zur Verfügung, ebenso wie Ihr steuerlicher Berater.
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