Der Erbschein weist die Erben und – im Falle der Erbengemeinschaft – den Anteil der Miterben am Nachlass aus § 2353 BGB. Ferner weist er Beschränkungen des Erbrechts aus, z.B. die Anordnung der Testamentsvollstreckung (§ 2364 BGB) und die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft (§ 2363 Abs. 1 BGB). Der Nachweis des Erbrechts ist nicht zwingend durch Erbschein zu erbringen, wenn nicht durch Gesetz oder Vertrag etwas anderes vereinbart wurde.
In der Rechtspraxis erlangt der Erbe in der Regel nur durch die Vorlage eines Erbscheins tatsächlich die benötigte Verfügungsmacht über Nachlassgegenstände, um über diese uneingeschränkt verfügen zu können. Unter Umständen wird auch die Vorlage einer in einer öffentlichen Urkunde festgehaltenen Verfügung von Todes wegen nebst Protokoll über die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen akzeptiert. Jedoch führt dies in der Praxis meist nur dann zum Erfolg, wenn z.B gegenüber der Bank des Verstorbenen nachgewiesen werden kann, dass man aufgrund des vorgelegten Testaments eindeutig Erbe geworden ist (und ggf. durch Vorlage weiterer Urkunden nachweisen kann, dass der Erblasser keine weiteren Erbberechtigten hatte). Im Zweifel läuft in der Praxis aber meist alles auf einen Erbscheinsantrag hinaus.
Die frühzeitige Stellung des Antrages auf Erteilung eines Erbscheins, verbunden mit der Beschaffung sämtlicher notwendigen Urkunden nach § 2356 BGB ist daher zu empfehlen. Insbesondere Banken, Versicherungen und Grundbuchämter fordern in aller Regel den Erbschein als Nachweis der Rechtsnachfolge. Die Grundbuchordnung sieht in § 35 Abs. 1 GBO hingegen ausdrücklich vor, dass das Grundbuch sich mit der Vorlage einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde festgehalten ist, zufrieden gibt, sofern diese neben der Niederschrift ihrer Eröffnung vorgelegt wird.
Entsprechende Vorschriften finden sich in § 41 Abs. 1 Satz 1 Schiffsregisterordnung und § 86 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen.
Bei den Kosten des Erbscheins ist zwischen den Kosten zu unterscheiden, welche durch die Staatskasse für die Erteilung oder Ablehnung eines Erbscheinantrages festgesetzt werden und den Kosten, welche für die Beratung durch einen Rechtsanwalt entstehen. Für die Erteilung eines Erbscheins fällt eine 1,0 Gebühr nach dem Kostenverzeichnis des GNotKG an. Zu beachten ist, dass für die Abnahme einer Versicherung an Eides statt, eine weitere volle Gebühr anfällt.
Praxishinweis I: Es empfiehlt sich allein aus diesen Kostengründen bei der Beantragung des Erbscheins unter Mitwirkung eines Rechtsanwaltes besonderes gründlich das Erbrecht darzustellen und sämtliche Informationen und Urkunden zu beschaffen, damit das Nachlassgericht ggf. nach § 2356 Abs. 2, S. 2 BGB auf die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verzichtet.
Als Grundlage der Kostenentscheidung muss, zunächst der Gegenstandswert (Geschäftswert) gebildet werden. Der Gegenstandswert wird aus dem reinen Nachlasswert gebildet. Abzugsfähig sind also insbesondere die Nachlassverbindlichkeiten.
Abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten sind:
Praxishinweis II: Der mit der Antragstellung beauftragte Rechtsanwalt sollte auch bei der Mitteilung des Nachlasswertes darauf achten, dass möglichst alle abzugsfähigen Aufwendungen vom Mandanten beigebracht werden und bei der Ermittlung eines Grundstückswertes etwaige wertmindernde Aspekte, wie Lage, Zuschnitt und Bebaubarkeit, bei der Wertermittlung die das Nachlassgericht vornimmt, ausreichend Berücksichtung finden.
Praxishinweis III: Der mit der Beurkundung eines Erbscheinsantrages befasste Notar hat den Antragsteller zu befragen, für welche Zwecke er den Erbschein benötigt. Stellt sich dabei heraus, dass er diesen nur für die Berichtigung des Grundbuches benötigt und liegt ein notarielles Testament vor, so hat der Notar den Antragsteller darüber zu belehren, dass es kostengünstiger wäre, lediglich das vorhandene Testament zu eröffnen und eine Niederschrift über die Eröffnung vorzunehmen, damit diese dann dem Grundbuchamt zusammen mit einer Abschrift des Testaments zur Grundbuchberichtigung vorgelegt werden kann.
Der gemeinschaftliche Erbschein weist gem. § 2357 BGB das Erbrecht aller vorhandenen Miterben aus, also auch ihre Erbteile. Die Erteilung kann von jedem Miterben an sich selbst beantragt werden. Beantragt nur ein Miterbe die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, ist vom Nachlassgericht die Annahme der Erbschaft durch die übrigen Miterben zu prüfen. Oftmals genügt hierzu die glaubhafte Angabe des Antragstellers. Der Beweis kann durch eigene Erklärung der Miterben, Urkunden oder eidessattliche Versicherung (§ 2356 BGB) erfolgen. Bei Verschollenen ist die Erklärung eines Abwesenheitspflegers einzuholen. Es kann alternativ auch der Nachweis erbracht werden, dass die Ausschlagungsfrist für den betreffenden Miterben abgelaufen ist (Beginn und Ablauf sind nachzuweisen).
Einen gemeinschaftlichen Erbschein, in dem alle Miterben angegeben sind, aber noch nicht die Erbquoten, halten die überwiegende Rechtsprechung und Literatur für zulässig, wenn und soweit ein Bedürfnis dafür besteht. Denkbar sind Fälle, in denen z. B. 14 Erben Einzelgegenstände zugewiesen sind, teils mit ungenauer Bezeichnung („S erhält Teile meiner Bibliothek, T bekommt Anteile von meinem Fuhrpark“ etc.). In solchen Fällen müsste der im Testament genannte Nachlass (durch Sachverständige) geschätzt werden, sodann die den Miterben zugewiesenen Einzelgegenstände. Erst hieraus wären die Quoten zu errechnen. Ein derartiges Vorgehen ist teuer und zeitaufwendig. Außerdem können die Miterben selbst bei Einigkeit mangels Erbscheines keine Mittel aus dem Nachlass flüssig machen. Damit sie handlungsfähig sind, ist es daher auf übereinstimmenden Antrag aller Miterben ausnahmsweise zulässig, einen vorläufigen Erbschein ohne Quoten zu erteilen. Der Grund für die Ungewissheit sollte im Erbscheinsantrag angegeben werden.
Formulierungsvorschlag:
„Es wird bezeugt, dass E von A, B, C, D, F, G und (…) gemeinschaftlich beerbt worden ist. Die Bestimmung der einzelnen Erbquoten bleibt vorbehalten. Die Erben können gemeinsam über den Nachlass verfügen.“
Der vorläufige Erbschein ist einzuziehen, wenn nach Klärung der Erbquoten ein endgültiger Erbschein erteilt wird. Auch eine Grundbuchberichtigung wird man auf der Grundlage eines solchen quotenlosen Erbscheins für zulässig erachten, soweit der Erbschein die Mitglieder der Erbengemeinschaft vollständig ausweist.
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