Wie und wann kann man eine GmbH online gründen? Wie läuft das ab und welche Folgen hat die Onlinegründung einer GmbH in der Praxis?
Nicht nur Gründer, auch Notariate müssen viel bürokratischen Aufwand betreiben, um eine Gesellschaft ins Handelsregister einzutragen. Nachdem die EU bereits 2017 die Gesellschafts- und Handelsregister der Mitgliedsstaaten vernetzt und den europaweiten Austausch von Unternehmensdaten damit erheblich vereinfacht hat, soll nun das im April 2018 vorgestellte EU Company Law Package die Digitalisierung weiter vorantreiben. Ein bedeutender Teil des Pakets ist die neue Richtlinie (EU) 2019/1151 zum Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht, die am 31.07.2019 in Kraft trat. So sollen künftig alle Mitgliedsstaaten der EU sicherstellen, dass die Gründung von Kapitalgesellschaften, die Einreichung erforderlicher Unterlagen sowie die Eintragung von Zweigniederlassungen komplett online, ohne persönliche Vorsprache bei den Behörden oder anderen in eine Gründung involvierten Stellen ermöglicht wird. Der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums für ein „Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie“ (DiRUG) vom 18.12.2020 soll die europäischen Vorgaben in deutsches Recht umsetzen. In diesem Beitrag erfahren Sie alles über Voraussetzungen, Ablauf und Folgen der neuen Bestimmungen zur Onlinegründung von Kapitalgesellschaften.
Die Richtlinie soll vor allem der Erleichterung von Geschäftsgründungen dienen. Davon profitieren in erster Linie Start-ups und kleine Unternehmen. Das Verfahren gilt für alle Bargründungen von Kapitalgesellschaften. Sachanlagen sind ausgeschlossen. Vorerst ist der Service nur für bestimmte Gesellschaftsformen vorgesehen. In Deutschland sind das die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Unternehmergesellschaft (UG). Darüber hinaus könnte die Onlinegründung nach europäischem Rechtsrahmen in Deutschland auch für Aktiengesellschaften (AGs) und Kommanditgesellschaften (KGaAs) eingeführt werden. Auf absehbare Zeit ist dies jedoch nicht zu erwarten. Neben der GmbH-Gründung sollen künftig auch Wechsel der Geschäftsführung und Änderungen am Gesellschaftsvertrag einer GmbH online und ohne Notariat möglich sein. Weitere Gesellschaftsformen sollen später folgen.
Der Stand der einzelnen europäischen Mitgliedsstaaten hinsichtlich solcher E-Government-Services im Unternehmensrecht ist sehr unterschiedlich. Estland ist europaweiter Spitzenreiter in Sachen Digitalisierung. Bereits seit 2014 bietet das Land mit der „e-Residency“ eine Art virtuellen Wohnsitz an, mit dem eine digitale Struktur einhergeht, über die man viele öffentliche Dienstleistungen online wahrnehmen kann. Hierzu zählt auch die Möglichkeit, eine Kapitalgesellschaft digital zu gründen und zu führen.
Mit den neuen EU-Regelungen soll die Digitalisierung der Mitgliedsstaaten im Rahmen von Unternehmensgründungen und Zweigniederlassungen nun auf einen Nenner gebracht werden. Die Gesetzgebung hat allen Mietgliedern der europäischen Union zwei Jahre Zeit für die Umsetzung gegeben. Das deutsche Gesellschaftsrecht müsste die Onlinegründung von GmbHs und UGs daher bis zum 01.08.2021 ermöglichen. Allerdings erlaubt die EU-Richtlinie auch eine legislative Verzögerung dieses ambitionierten zeitlichen Rahmens. So kann das Gründungsverfahren bis zu einem Jahr später digitalisiert werden, solange die Notwendigkeit dieser Verzögerung glaubhaft gemacht werden kann. Laut aktuellem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verschiebt sich die Einführung um exakt ein Jahr und ist für den 01.08.2022 geplant.
Zwar soll das Onlineverfahren Gründern einer GmbH oder UG den üblichen Gang zum Notariat ersparen. Dennoch bleibt dessen Mitwirkung auch künftig erhalten. So sollen Notariate in Zukunft per Onlinekonferenz Beurkundungen mit Bürgern durchführen können. Die Bundesnotarkammer hat hierfür ein Portal entwickelt, das die Onlineberatung und -Identifikation von Gründern ermöglicht. Laut offizieller Infowebsite zum Onlineverfahren sind die Eckpfeiler dieses notariellen Onlineverfahrens die Videokonferenz mit dem Notar, die sichere digitale Identifizierung und die elektronische Unterschrift.
Das aus der Eröffnung von Bankkonten bekannte Video-Ident-Verfahren, bei dem der Personalausweis zur Identifizierung in die Kamera gehalten wird, bietet aber keine ausreichende Sicherheit. Onlinebeurkundungen werden daher über einen Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion oder ein anderes Verfahren der höchsten Sicherheitsstufe nach eIDAS-Verordnung (über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt) erfolgen. Das beauftragte Notariat verifiziert die Echtheit des Personalausweises und ruft das hinterlegte Luftbild ab. Hierfür brauchen Gründer nicht zwangsläufig ein gesondertes Kartenlesegerät. Die erforderlichen Daten können auch in einem sicheren Kommunikationsverfahren über ein NFC-fähiges Smartphone drahtlos und ohne weitere Zwischenschritte vom Personalausweis ausgelesen werden. So wird die Identität der Gründer wie auch beim Termin vor Ort hinreichend bestätigt. Auf der Website der Ausweis-App des Bundes finden Sie eine Liste geeigneter Mobilgeräte.
Anstatt der bei Notarterminen sonst üblichen klassischen Unterschrift unterzeichnen die Beteiligten der Onlinegründung mit Hilfe einer qualifizierten elektronischen Signatur. Dabei wird eine TAN an das Mobiltelefon gesendet, die in dem Internetportal, auf dem die Konferenz mit dem Notariat stattfindet, eingegeben werden muss. Allerdings müssen dem zuständigen Notariat auch in Zukunft Abschriften oder Urschriften rechtsgeschäftlicher Vollmachten vorgelegt werden. Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren für die Beurkundung der Gründungsurkunde bzw. die Beglaubigung von Handels- und Genossenschaftsregisteranmeldungen ist eine Pauschale von 25 Euro pro Beurkundungsverfahren und 8 Euro pro Beglaubigungsverfahren zu entrichten.
Was passiert, wenn das Notariat die Identität anzweifelt oder sonstige Bedenken hat?
Hat ein Notariat Zweifel an der Identität der Gründerin oder sonstige Bedenken, beispielsweise bezüglich der Geschäftsfähigkeit, kann die Onlinebeurkundung abgelehnt werden, dann wird auf einem Termin zur Beurkundung vor Ort bestanden. Die Beratungs-, Warn- und Kontrollfunktionen der Notariate werden also auch weiterhin erfüllt. So hält die Digitalisierung mit Bedacht Einzug in die bewährte Rechtstradition der vorsorgenden Rechtspflege.
In Estland, dem europäischen Spitzenreiter in Sachen Globalisierung, liegt der Rekord zwischen dem Beginn eines Gründungsverfahrens und der erfolgten Eintragung der Gesellschaft bei gerade einmal 18 Minuten. Vor allem im Vergleich zu Deutschland ist das eine beeindruckende Geschwindigkeit. Hier kann eine Gründung schnell bis zu vier Wochen dauern.
Gemäß der neuen EU-Richtlinie soll die Online-Eintragung innerhalb von fünf Arbeitstagen bei natürlichen Personen und innerhalb von zehn Arbeitstagen bei sonstigen Gründungen nach Einreichung der Handelsregisteranmeldung und Zahlung des Stammkapitals erfolgen. In Deutschland bleibt eine GmbH-Gründung in wenigen Minuten oder Stunden wie etwa in Estland durch die zwingende Beteiligung eines Notariats weiterhin ausgeschlossen. Dennoch wird das Verfahren deutlich beschleunigt. Neben handelsregisterrechtlichen Verfahren werden dabei auch Arbeitsprozesse im Notariat reduziert.
Die EU gewährt im Rahmen der Umsetzung grundsätzlich einen weiten Umsetzungsspielraum. So wird Deutschland weiter am Prinzip der vorsorgenden Rechtspflege festhalten und dieses weiterentwickeln. Missbräuchliche Fehleintragungen in das Handelsregister sind hier faktisch ausgeschlossen. Diese Verlässlichkeit der im Handelsregister eingetragenen Informationen soll auch weiterhin gewährleistet werden. Aus diesem Grund nehmen Notar*innen bei der Gründung von Kapitalgesellschaften weiterhin eine entscheidende Rolle ein.
Das notarielle Onlineverfahren ist vorerst allerdings nur im Rahmen von Bargründungen bei GmbHs und UGs möglich. Die Gründung anderer Gesellschaftsformen und mit Sacheinlagen erfolgen weiterhin analog.
Ein weiterer Vorteil der Onlinegründung: Nun kann eine deutsche GmbH aus dem Ausland heraus gegründet werden. Darüber hinaus verkürzt sich die Dauer der Eintragung ins Handelsregister von einigen Wochen auf maximal zehn Tage nach Einreichung der Handelsregisteranmeldung und der Zahlung des Stammkapitals.
Sie spielen selbst mit dem Gedanken, eine Gesellschaft zu gründen oder haben weitere Fragen zum Thema Gesellschaftsrecht? Dann stehen wir von Notar-Darmstadt-BP.de Ihnen gern zur Verfügung. Mit Fachwissen in den Bereichen Erbrecht, Immobilienrecht, Gesellschaftsrecht und Familienrecht sowie langjähriger Erfahrung und kostenbewussten Strukturen setzen wir uns für Sie ein. Senden Sie uns einfach eine Anfrage über unser Kontaktformular oder rufen Sie uns an unter 06151 / 130 230. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!
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